probierst du oder machst du schon?

Als ich zum Eisbadeplatz komme, fragt mich Sebastian zuerst: Gehst du das 1. Mal?

Und anschließend:

Probierst du öfter was Neues?

Ich sage darauf: Kann man so sagen!

Und danach hallt die Frage in mir nach …

 

Ja schon …

Ich probiere den blauen und den roten Pullover, welcher mir besser passt.

Ich probiere die Schuhe, ob sie bequem sind.

Ich probiere das Essen von meiner Freundin im Restaurant, ob ich es auch nächstes Mal bestellen mag.

Ich fahre mit einer 1x1 Meter großen Leinwand ins Autohaus und probiere, ob sie in den Kofferraum des Autos passt, das ich vielleicht kaufen möchte.

 

„probieren“ (lt. Duden): versuchen, ob etwas möglich/durchführbar ist; auf seine Eignung prüfen; durch eine Kostprobe prüfen; eine Szene proben.

Probieren ist also zeitweise notwendig, um eine Entscheidung treffen zu können.

 

Und …

Ansonsten mache ich etwas.

Ich tue es.

 

Habe ich das Eisbaden probiert?

Nein, ich war Eisbaden.

Selbst, wenn ich kein zweites Mal gehen würde, habe ich diese Erfahrung gemacht.

 

So gesehen, passiert das ständig in meinem Leben.

Ich mache viel Unterschiedliches.

Oft ist etwas neu für mich.

Gleichzeitig bin ich ein sehr beständiger Mensch.

Manchmal mache ich etwas für 10 Jahre (z.B. Spanisch lernen, Klassischen indischen Tempeltanz, einen Job in einer Institution,…).

Ein anderes Mal mache ich etwas nur 1 x (nach Brasilien reisen, einen halben Tag mit der Töpferscheibe töpfern, einen Hip Hop Workshop,…).

 

Ich arbeite seit mehr als 25 Jahren als Psychologin und Psychotherapeutin. Davon 10 Jahre in einer Institution. 5 Jahre überlappend auch in freier Praxis und seit 22 Jahren nur noch selbständig.

Seit ich erwachsen bin, habe ich unzählige neue Erfahrungen gemacht.

Ich bin ein sehr neugieriger Mensch.

Ich stolpere über etwas oder habe eine Idee und will es dann auch lernen, umsetzen, tun.

Kürzlich sagte eine Kollegin zu mir: Ich beneide dich, wenn du eine Idee hast, machst du es einfach.

Ich denke mir, ja was denn sonst?

Worauf soll ich warten?

Warum sollte ich warten?

Möglicherweise habe ich keine Zeit zum Warten – wer weiß das schon.

 

In den letzten 3 Jahren habe ich…

…ein Gemeinschaftsatelier mit 240 qm mit umfassendem Konzept gegründet und (wegen „C“) wieder aufgelöst.

Ich habe ein Atelier für mich allein gefunden und arbeite dort nun auch mit Klienten.

Ich bin das 1. Mal allein verreist, ohne Anbindung vor Ort (nach Griechenland).

Ich habe zu Boxen und Bouldern begonnen (was leider beides wegen „C“ ruht).

Ich habe ein dreiviertel Jahr Yiquan trainiert.

Ich habe einige neue Mal- und Gestaltungstechniken erlernt.

Ich war bei einem Salbenrührkurs dabei.

Ich habe 1 Jahr lang an einer intensive Körperselbsterfahrungsgruppe teilgenommen.

Ich habe gelernt, aus Brennnesseln selbst Papier herzustellen.

Ich habe mit meinem Enkelkind gelernt (als die Schule geschlossen war).

Ich habe einen Wildkräuterlehrgang begonnen.

Ich habe einen Falknerworkshop gemacht.

Ich habe für drei Monate in einem Zitherensemble mitgespielt.

Ich bin in drei Tagen den Johannesweg mit einer Freundin gegangen (84 km).

Ich war Eisbaden.

Bestimmt habe ich noch einiges vergessen, was ich in dieser Zeit das erste Mal erfahren, gelernt und gemacht habe.

 

Habe ich all das probiert?

Für mich ist die Antwort ein klares NEIN.

Ich habe es getan, gelernt, gemacht!

 

Ich kann mir ein Leben ohne neue Erfahrungen nicht vorstellen.

Es gibt so viel zu entdecken.

So viel Spannendes auf dieser Welt.

So vieles zu lernen.

Ich habe nur diese eine Zeit, dieses eine Leben, von dem ich nicht weiß, wie lange es dauern wird.

Ich bin so dankbar für alle meine Erfahrungen bisher.

Ich bin dankbar für meine Neugierde und meinen Mut.

 

Ich vertraue darauf, dass sich auch zukünftig die Wege zeigen werden, die für mein Leben bedeutungsvoll sind.

…und jetzt probiere ich ein Stück von den Kokosecken (nach einem neuen Rezept gemacht), bevor ich sie zur Geburtstagsjause mitnehme 😉

 

(14.2.2022)