überall weihnachten

Von der Ferne dringt Musik an mein Ohr. Sofort weiß ich, ich habe das Lied schon öfter gehört. Es fällt mir aber der Name nicht ein. Konzentrier dich, schießt es mir durch den Kopf. Ich öffne die Augen. Blinzle. Das Licht tut mir weh. Schließe sie wieder. Wo bin ich? Was ist los mit mir? Mein Kopf schwirrt. Öffne vorsichtig wieder die Augen. Vor mir sehe ich einen Tisch. 2 Sesseln. Eine Tür. Orange. Ich verstehe es nicht. Mit geschlossenen Augen kann ich besser denken. Das war schon immer so. Ich kenne diese Umgebung nicht. Wo kann ich nur sein? Bin ich wach? Träume ich vielleicht? Das würde erklären, warum mir alles unbekannt ist. Als ich die Augen wieder ein wenig aufmache, wird mir klar, dass ich in einem Bett liege. Ich spüre die Bettdecke auf meinem Körper. Das Fußende ist aus Eisen. Ich blicke weiter geradesaus. Über dem Tisch befindet sich ein Fernseher. Abgedreht. Ich höre wieder die Musik im Hintergrund. Sie kommt offenbar von draußen. Was sich wohl hinter der Tür befindet? Jetzt bemerke ich auch Stimmengewirr. Kann aber keine Worte heraushören. Dieses Lied. Bekannt und trotzdem kann ich es nicht fassen. Ich bin so müde. Will wach bleiben. Ich muss wissen, wo ich bin. Was das ganze hier soll. Ich versuche meinen Kopf zu bewegen, um mehr Einzelheiten zu erkennen. Mir wird heiß. Ich kann meinen Kopf nicht drehen. Aus den Augenwinkeln sehe ich rechts von mir etwas, das wie ein Computerbildschirm aussieht. Linien und Zahlen sind darauf.  Ich bewege meine Augen nach links. Eine weiße Wand. Nicht weit vom Bett entfernt, mitten auf der Wand ein Bild. Ich kann nichts Bestimmtes erkennen. Nur Farben. Blau, Grün, Rot. Ein Punkt Türkis dazwischen. Ich liebe diese Farbe. Das schaue ich mir später genauer an, nehme ich mir vor. Vor lauter Müdigkeit fallen mir die Augen zwischendurch zu. Alles ist so anstrengend. Und ich weiß immer noch nicht, was mit mir los ist. Ich drehe meine Augen  wieder nach rechts. Und bemerke in diesem Moment, dass ich überhaupt nichts bewegen kann. Ein Albtraum, kommt es mir in den Sinn. Ich versuche aufzuwachen. Es gelingt nicht. Ich spüre mein Herz pochen. Schwitze. Ich habe Panik, dass ich nicht genug Luft zum Atmen bekomme.

Ich höre, wie sich die Tür einen Spalt öffnet. Die Musik ist nun lauter zu hören. In dem Moment fällt es mir ein. Jingle Bells. Früher hasste ich das Lied. Jetzt bin ich überglücklich. Mir ist der Name eingefallen. Dann kann es nicht so schlimm sein, denke ich.

Eine Frau steht im Türrahmen. Braune Haare. Hellblauer Oberteil, weiße Hose. Krankenschwesternkleidung. Genauso hatten sie ausgesehen, wenn ich meine Omi besuchte. Die hatte eine Augenoperation. Ich freue mich, dass  in dem ganzem Wirrwarr wieder etwas klar für mich ist.

Die Krankenschwester hat ein Sektglas in der Hand. Sie schaut mich mit großen Augen an. Ich höre: „Hallo Mareike, frohe Weihnachten!“ Ich versuche etwas zu sagen. Nichts. Gar nichts. Ich kann nicht einmal meine Lippen bewegen. Das Herz schlägt bis zum Hals. Ich bekomme Gänsehaut. Gleichzeitig ist mir extrem heiß. Ich starre sie an. Die Augenlider werden schon wieder schwer. Verzweifelt versuche ich meine Augen offen zu halten. Sie lächelt mich an. Dreht sich um. Nicht weggehen, möchte ich schreien. Ich höre sie noch rufen: „Schnell! Kommt! Ein Weihnachtswunder! Frau Hauser ist aus dem Koma aufgewacht!“ Ich kann nicht mehr. Alles versinkt im Dunklen.